Zum Tode von Prof. Haupt - ein Nachruf
Tief betroffen und sehr traurig nehmen wir Abschied vom ehemaligen Leiter des Rechenzentrums Univ.-Prof. em. Dr.rer.nat. Josef Dietrich (Dieter) Haupt, der am 13. Mai 2021 im Alter von 92 Jahren verstorben ist.
Mit ihm verlieren wir nicht nur einen Pionier der technologischen und infrastrukturellen IT-Entwicklung, sondern vielmehr auch einen engagierten Denker und Macher, der stets auch auf den Zusammenhalt und die stetige Weiterentwicklung der Belegschaft bedacht war. Dazu förderte er bis ins hohe Alter den regelmäßigen konstruktiven Austausch über Disziplinen und Generationen hinweg.
Sein Wirken
In der Zeit von 1980 bis zu seiner Emeritierung 1993 hat er als Leiter die Geschicke des damaligen Rechenzentrums maßgeblich gestaltet. In den folgenden fünf Jahren war es für ihn eine Frage der Ehre und somit selbstverständlich, dass er als kommissarischer Leiter das Rechenzentrum bis zur Amtsübernahme durch Prof. Bischof im Jahr 1998 weiterführte.
Dabei beschränkte er sein Wirken nicht nur auf die RWTH Aachen, sondern engagierte sich aktiv in zahlreichen Projekten und Gremien auf überregionaler Ebene. So war er insgesamt 10 Jahre lang Vorsitzender der Kommission für Rechenanlagen (KfR) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und begleitete somit kontinuierlich neben der Verbreitung der Rechnerausstattung an (Fachhoch-)Hochschulen sowie der IT in der Hochschulverwaltung und der Universitätsmedizin auch die generelle Entwicklung von Rechenzentren. Dabei hat er die Menschen auch nie aus dem Blick verloren. So setzte er sich bereits Mitte der 80er Jahre für die flächendeckende Ausstattung von Universitäten mit Computerarbeitsplätzen für Studierende ein. Dafür konzeptionierte er das später als Computerinvestitionsprogramms (CIP) bekanntgewordene Förderprogramm, das er mit Unterstützung des damaligen Bundesministers für Forschung und Technologie, Heinz Friedrich Ruppert Riesenhuber, in die Tat umsetzte. Dazu passend erhielt bereits 1989 jeder Studierende bei der Immatrikulation automatisch einen Code zur Freischaltung eines persönlichen E-Mail-Postfachs.
Während seiner 12-jährigen Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. in Bonn kümmerte er sich schon früh in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Politik um einen sinnvollen, vertretbaren und vor allem technisch realisierbaren Datenschutz.
Insgesamt acht Jahre lang wirkte er als aktives Mitglied in führenden Gremien des Deutschen Forschungsnetz e.V. (DFN) mit, deren Vorstandsvorsitzender er zwischen 1991 und 1993 war. So erfolgte unmittelbar nach der Wiedervereinigung unter seinem Vorsitz der Aufbau des erweiterten Wissenschaftsnetzes (ERWIN) in den neuen Bundesländern durch den DFN-Verein. Dieser schnelle Anschluss an das 1990 in Westdeutschland installierte Wissenschaftsnetz (WIN) und die damit verbundene optimale Ausstattung vieler ostdeutscher Universitäten mit neuen Technologien war eine grundlegende Voraussetzung für ein schnelles Zusammenwachsen der deutsch-deutschen Wissenschaftslandschaft.
Doch die Infrastruktur alleine reichte nicht aus, um den Anschluss an den Westen zu realisieren. Dazu bedurfte es auch der entsprechenden Technologien vor Ort und so lud Prof. Haupt die damaligen Leiter:innen der Rechenzentren ostdeutscher Hochschulen für eine Woche nach Aachen ein und lehrte sie die Struktur und das Antragswesen der für sie maßgeblichen (west-)deutschen Fördereinrichtungen. Hochrangige Vertreter:innen hielten Vorträge und gewährten Einblicke in ihre Förderrichtlinien und Antragsverfahren. Denn nur in Kenntnis der Fördermöglichkeiten waren sie in der Lage die nötige Hard- und Software zu beschaffen. Somit war auch der Grundstein für eine solide IT-Ausstattung ostdeutscher Hochschulen gelegt.
Zudem war bis über seine Emeritierung hinaus Mitglied im wissenschaftlichen Rat des Höchstleistungsrechenzentrums Jülich John von Neumann-Institutes für Computing (NIC), der das Direktorium und die Vertragspartner in Forschungsfragen sowie im Bereich der Rechnerausstattung und anderer Ressourcen für das NIC berät. Zudem stellt er die Regeln für die Vergabe von Rechenzeiten auf den Rechnern des NIC auf.
Im Oktober 2003 wurde ihm das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für die Verdienste, die er sich auf dem Gebiet der Datenverarbeitung im Hochschulbereich über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus auch bundesweit erworben hat, verliehen. Noch im selben Jahr wurde er zum Fellow der Gesellschaft für Informatik e.V., deren Mitbegründer er war, ernannt.
Seine Leidenschaft
Neben der technologischen und infrastrukturellen Entwicklung der RWTH, des Landes und der (neuen) Bundesrepublik hat er sich auch stets für den interdisziplinären, generationsübergreifenden Austausch der Mitarbeitenden und Ehemaligen eingesetzt.
So rief Prof. Haupt 1981 das „DV-Fachseminar für Operateure, Netzwerkoperateure und Technische Angestellte“ als erste Weiterbildungsveranstaltung für Operateure an deutschen universitären Rechenzentren ins Leben. In der fast 40-jährigen Geschichte hat sich das Seminar zu einer Wander-Veranstaltung entwickelt und wird jährlich wechselnd von einem universitären Rechenzentrum oder einer angegliederten Einrichtung organisiert. Besonderes Merkmal dieser Veranstaltung ist bis heute die heterogene Themenvielfalt, der Austausch zwischen den unterscheidlichsten Mitarbeitenden sowie der intensive Vernetzungscharakter der Veranstaltung.
In seinem jährlich von ihm organisierten dreitägigen technosophischen Seminar trafen sich Menschen unterschiedlichen Alters, diverser Ausbildung und Disziplin zum anregenden Diskurs. Auf diese Weise wollte er Verständnis für die Einflüsse der Entwicklungen auf die vielfältigen Bereiche veranschaulichen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer motivieren die Auswirkungen ihres Tuns stets im interdisziplinären Blick zu behalten.
Mit dieser Intention beteiligte sich Prof. Haupt auch an der Gründung des Forum Informatik an der RWTH Aachen – einem interdisziplinären Zusammenschluss von Einrichtungen zur Schaffung und Nutzung von Synergien einerseits und des interdisziplinären Austauschs andererseits.
Alles was er tat, tat er mit großer Leidenschaft für die Sache und die ihn umgebenden Menschen. Und so hinterlässt er eine große Lücke im IT Center. Sein Andenken bleibt uns eine ehrende Verpflichtung. Er wird uns stets ein Vorbild bleiben.
Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und seiner Familie.